Die 7 leiblichen Werke der Barmherzigkeit

Christlicher Glaube erschöpft sich nicht in privater Frömmigkeit. In seiner Endzeitrede im Matthäusevangelium spricht Jesus davon, dass nur diejenigen im Gericht Gottes bestehen werden, die sich den Bedürftigen zugewandt und ihnen geholfen haben.

Die „Sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit“ – das klingt nach einem gleichermaßen klassischen wie verstaubten Thema zum braven Auswendiglernen im Firmunterricht. So praktisch eine Formel ist, um einen Merksatz zu erzeugen, so schwer kann es dann im Unterricht sein, ihr wieder Leben ein- zuhauchen. Dabei steckt in den sieben Werken der Barmherzigkeit gleichermaßen die immer neue Revolution des Lebens, das sich zum Guten wendet. Im Katechismus der Katholischen Kirche lauten diese sieben Werke:

  1. Die Hungrigen speisen.
  2. Den Dürstenden zu trinken geben.
  3. Die Nackten bekleiden.
  4. Die Fremden aufnehmen.
  5. Die Kranken besuchen.
  6. Die Gefangenen besuchen.
  7. Die Toten begraben

Das siebte Werk, das Bestatten der Toten, kommt zwar in der Weltgerichtsrede Jesu nicht vor, gehört aber schon seit dem dritten Jahrhundert zum „Katalog“ der Werke der Barmherzigkeit. Es wurde vom Kirchenvater Lactantius hinzugefügt, der es dem biblischen Buch Tobit entnommen hat- te, das öfter erwähnt, wie wohlgefällig dieses Werk vor Gott sei (Tob 1,17). Die restlichen Werke sind der Endzeitrede Jesu in Mt 25,34-46 entnommen. Jesus präsentiert hier nicht einfach nur Werke der Barmherzigkeit, die Gott gefallen, sondern identifiziert sich in dieser Rede selbst mit dem Hungrigen, Durstigen, Nackten, Fremden, Kranken und Gefangenen und schließt mit dem berühmten Wort: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

Barmherzigkeit

So einfach der Wortlaut dieser Aussage ist, so unauslotbar ist ihre theologische Tiefe. Der Ausspruch Jesu öffnet die Tür zu einem der größten Geheimnisse im Wesen der Kirche, so wie Gott sie geschaffen hat: Der Weg der Liebe in, durch und mit Christus schafft nicht nur praktische Gerechtigkeit, sondern wird auf geheimnis- volle Weise auch zur Möglichkeit direkter Gottesbegegnung, von Angesicht zu Angesicht. Im Hintergrund der Gerichtsrede Jesu stehen auch die dramatischen Worte Gottes des Vaters, die dieser schon zur Zeit des Alten Testaments seinen Propheten in den Mund legt. In Jesaja 58 findet sich ein ähnlicher Katalog von Taten, die Gott gefallen. Auch diese Passage ist im Grunde eine Gerichtsrede. Gott spricht deutlich all die falsche Frömmigkeit an, die zum Guten nichts beiträgt, und fordert von seinem Volk praktische Nächstenliebe.

Ein Fasten, wie Gott es liebt

„Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt? Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.“ (Jes. 58, 5-8)

Print Friendly, PDF & Email